
Ängste bei Krebs
Wie Schreiben dabei helfen kann, Ängste bei Krebs zu bewältigen
Ein Gefühl der Angst hat wohl jeder von uns schon einmal erlebt: Das Herz schlägt schneller, Schweiß bricht aus, der Körper ist angespannt, in Alarmbereitschaft. Angst breitet sich im Körper aus. Je nach Angstauslöser kann das Gefühl nach wenigen Minuten wieder abklingen oder – wie oftmals im Falle von Ängsten bei Krebs – bleiben und in Wellen immer wiederkehren.
Die Diagnose Krebs kommt in den meisten Fällen unerwartet und kann mit unterschiedlichsten Ängsten verbunden sein:
- Existenzielle Ängste bei Krebs: Eine Krebserkrankung löst Fragen über das eigene Leben und Überleben aus. Die Frage „Was passiert, wenn ich sterbe?“ oder „Was kommt danach?“ kann immer wieder aufkommen.
- Angst vor Schmerzen: Manche Menschen haben große Angst vor körperlichen Schmerzen, die mit der Erkrankung oder deren Behandlung einhergehen können.
- Angst vor Verlust der Autonomie und Lebensqualität: Bei einer Krebserkrankung kann das Gefühl entstehen, dass man die Kontrolle über seinen Körper und das eigene Leben verliert. Auch die Sorge, den eigenen Alltag nicht mehr bewältigen zu können und an Lebensqualität zu verlieren, kann Angst auslösen.
- Angst vor der Ungewissheit: Die Unwissenheit über den Verlauf der Krankheit oder den Erfolg der Behandlung kann sehr belastend sein.
- Angst vor einem Rezidiv: Die Angst, dass die Krankheit auch nach krebsfreien Jahren wieder auftreten kann, bleibt oft für viele Jahre oder verschwindet nie vollkommen. Auch wenn sie nicht immer präsent und nicht immer von gleicher Intensität sind, bleiben die Ängste bei Krebs.
Im Umgang mit diesen unterschiedlichen Ängsten ist therapeutisches Schreiben eine wirksame Methode, sich nicht von der Angst einnehmen zu lassen, sondern selber aktiv zu werden seinen emotionalen Zustand zu beeinflussen.
Was ist Angst genau?
Halten wir zunächst einmal fest: Angst gehört zu den Grundgefühlen des Menschen, genauso wie Freude, Wut oder Trauer und ist somit etwas ganz Natürliches. Sie ist die Reaktion auf eine Bedrohung und hat somit eine wichtige Funktion: Sie dient der Vorbereitung auf eine Herausforderung und macht aufmerksam und handlungsfähig.
Es kann also hilfreich sein, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass Angst eine natürliche Reaktion auf eine Krebserkrankung ist, da die Krankheit eine Gefahr für uns darstellen kann. Genauso wesentlich ist es jedoch, sich bewusst zu machen, dass wir unserer Angst nicht hilflos ausgeliefert sein müssen, sondern dass es Strategien gibt, mit Ängsten umzugehen.
Zunächst ist es wichtig, Ängste bei Krebs zu akzeptieren und sich nicht dafür zu verurteilen. Es ist vollkommen natürlich und in Ordnung, dass ich angesichts einer Krebserkrankung Angst spüre: Ich darf Angst haben. Ich muss sie nicht verdrängen. Meine Angst zu akzeptieren heißt dabei aber nicht, die Situation gut zu finden oder zu resignieren. Es heißt vielmehr: „Ich akzeptiere meine Gefühle, aber nicht die Situation“.
Aktiv werden gegen die Angst
Um der Ohnmacht, die oft mit Angst einhergeht, entgegenzuwirken, ist es wichtig selber aktiv zu werden und sich um sich selber zu kümmern. Dadurch entwickelt sich ein Gefühl der Selbstwirksamkeit, das heißt: Du nimmst Einfluss auf deine Situation und bist ihr nicht machtlos ausgeliefert. Du bekommst so mehr Handlungsspielraum und kannst dem Gefühl von Kontrollverlust entgegenwirken. Auch wenn der Befund der Erkrankung unveränderbar ist, so hat man doch Einfluss auf sein Befinden. Und das kann sich wiederum positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.
Selbstwirksamkeit in Bezug auf Ängste bei Krebs kann verschiedenen Ebenen stattfinden:
- Bewegung: Sport und andere körperliche Aktivitäten – am besten an der frischen Luft – kann Endorphine freisetzen, die das Wohlbefinden steigern. Auch sanfte Übungen wie Yoga oder Spazierengehen können helfen, Spannungen zu lösen und die Angst zu mindern. Tägliche Bewegung kann helfen, ein Gefühl der Kontrolle über den eigenen Körper zurückzugewinnen.
- Gesunde Ernährung: Gesunde und regelmäßige Mahlzeiten sind essentiell für das Wohlbefinden. Dabei ist vitamin- und nährstoffreiche Nahrung mit viel Gemüse eine gute Basis für einen gesundes Immunsystem. Gleichzeitig kann ein leckeres Essen auch unser psychisches Wohlbefinden steigern, insbesondere wenn wir es gemeinsam mit Freunden oder der Familie zubereiten und genießen.
- Ausreichend Schlaf: Um gesund zu werden und die medizinische Krebsbehandlung zu verkraften, braucht der Körper ausreichend Schlaf. Da Ängste oft Schlafstörungen verursachen, ist auf eine angemessene Schlafhygiene zu achten. Das kann zum Beispiel bedeuten vor dem Schlafengehen ein paar Yogaübungen zu machen oder zu lesen, statt im Internet zu recherchieren.
- Achtsamkeit und Atemtechniken: Achtsamkeitsübungen helfen, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu richten und den Geist zu beruhigen. Regelmäßige Achtsamkeitspraxis kann langfristig dazu beitragen, Ängste zu reduzieren. Tiefe Atemübungen helfen, den Körper zu entspannen und den Geist zu beruhigen. Sie sind eine einfache und jederzeit zugängliche Methode, um akute Angstzustände zu reduzieren.
- Therapeutisches Schreiben: Ergänzend zu diesen Bereichen, kann Schreiben einen wesentlichen Beitrag zur Angstbewältigung leisten: gezielte Schreibimpulse können helfen, Ängste zu akzeptieren und ihnen aktiv und selbstwirksam gegenüberzutreten.
Schreiben gegen Angst
Im therapeutischen Schreiben geht es darum, eigene Gefühle und Gedanken aufzuschreiben. Es ist eine Form der schriftlichen Selbstreflexion, die nicht zum Ziel hat, ein künstlerisches Werk zu erschaffen, sondern sich seiner inneren Prozesse bewusst zu werden. Therapeutisches Schreiben ist eine wirksame Methode, um Gefühle zu verarbeiten und einen klaren, bewussten Umgang mit schwierigen Situationen wie einer Krebserkrankung zu finden. Gezielte Schreibimpulse können dazu beitragen, Ängste zu erkennen, zu benennen und so greifbarer zu machen. Damit hat Schreiben eine stark entlastende Funktion. Zudem kann es dabei helfen, alternative Perspektiven einzunehmen und Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern.
Folgende Schreibimpulse können bei Ängsten im Zusammenhang mit Krebserkrankungen hilfreich sein:
- Freies Schreiben: Beim freien Schreiben lässt man seine Gedanken ungefiltert und ohne Bewertung auf das Papier fließen. Diese Methode hilft, innere Spannungen abzubauen und Ängste direkt auszudrücken, ohne Rücksicht auf Form oder Struktur. Es geht darum, einfach alles aufzuschreiben, was dir in den Sinn kommt, ohne darüber nachzudenken, ob es „richtig“ oder „falsch“ ist. Das Ziel dabei ist, Zugang zu deinen Ängsten und Sorgen finden und sie zu benennen, ohne sie zu bewerten. Haben die Ängste einen Namen, kann ich sie besser akzeptieren und mit ihnen umgehen. Aus dem freien Schreiben lassen sich – in einem weiteren Schritt – je nach Thema und Schwerpunkt konkrete Fragen ableiten mit denen man weiterschreiben kann. Denkbar wären weiterführende Schreibimpulse wie: „Was macht mir heute am meisten Angst?“ oder „Wann habe ich weniger Angst?
- Serielles Schreiben: Um sich auf ein bestimmtes Thema zu fokussieren und das Unterbewusstsein anzusprechen, ist die Übung des seriellen Schreibens gut geeignet. Dabei schreibt man ca. 10 Minuten immer den gleichen Satzanfang und beendet ihn jeweils anders. Ein solcher Satzanfang könnte lauten: „Manchmal habe ich Angst, aber…“ Die Übung sieht dann beispielsweise so aus: – Manchmal habe ich Angst, aber… heute bin ich zuversichtlich. – Manchmal habe ich Angst, aber… das gehört wohl dazu. – Manchmal habe ich Angst, aber… beim Schwimmen vergesse ich sie. usw. Nach dem Schreiben kannst du dir deine Sätze ansehen und spüren, welches Satzende gerade die meisten Gefühle in die auslöst oder dich am meisten anspricht. Diesen Satz könnte man an den Anfang eines neuen Textes setzen und zu diesem Thema weiterschreiben… So gelangst du immer weiter in unbewusste Zusammenhänge und kannst daraus neue Erkenntnisse über dich selber ziehen.
- Briefe schreiben: Das Schreiben von Briefen – entweder an sich selbst, an die Krankheit oder an eine andere Person – ermöglicht es, Gefühle wie Angst und Verzweiflung in Worte zu fassen. Da der Brief nicht versendet wird, können ehrlich und ungefiltert auch unterdrückte und geheime Gefühle und Gedanken zu Papier gebracht werden. Ein Brief an die eigene Krankheit kann beispielsweise helfen, die Emotionen zu externalisieren, das heißt nach außen zu bringen, und ein Gefühl der Distanz zu schaffen. Auch ist es möglich einen Brief direkt an die eigene Angst zu adressieren. Die Angst wird dadurch personifiziert und du kannst direkt mit ihr in den Dialog treten. So kannst du ihr dein Leiden unter ihrer Existenz direkt zurückmelden. Diese Technik kann helfen, die Angst greifbarer und weniger bedrohlich zu machen. Die Angst beispielsweise zu fragen, warum sie da ist und was sie mir zeigen will, kann zu aufschlussreichen Erkenntnissen führen.
- Angst visualisieren: Diese Übung kombiniert Schreiben mit der Vorstellungskraft. Schließe die Augen und stelle dir deine Angst als Bild oder Form vor und versuche die Erscheinung der Angst mit Worten zu beschreiben. Welche Farben, Formen oder Texturen hat meine Angst? Dabei ist es wichtig, das Bild so detailliert wie möglich zu beschreiben. Beim Lesen der Beschreibung könntest du überlegen, wie das Bild sich verändern könnte. Wie würde die Angst etwas weniger bedrohlich wirken? Durch diese Technik kannst du deiner Angst Gestalt verleihen. Dadurch wird es leichter, sie zu erfassen und nachzuvollziehen.
- Tagebuch führen: Das Führen eines Tagebuchs ist eine strukturierte Methode des therapeutischen Schreibens, um den eigenen Fokus zu lenken und zu stärken. Ein Angst-Tagebuch ermöglicht es dir, täglich deine Gefühle und Ängste festzuhalten, die Veränderung des Angstempfindens und den Krankheitsverlauf zu dokumentieren. Das Tagebuchschreiben kann helfen, die Angst zu beobachten und Muster in den eigenen Ängsten zu erkennen und zu verstehen, welche Auslöser sie verstärken. So können individuelle Handlungsstrategien im Umgang mit Angst abgeleitet werden. Leifragen könnten folgendermaßen lauten: „Wovor habe/hatte ich heute Angst?“ „Wie intensiv war meine Angst heute?“, „Durch welche Gedanken wurde sie ausgelöst?“ und „Wie habe ich sie heute bewältigt?“ Im Gegensatz zum Angst-Tagebuch hat das Dankbarkeits-Tagebuch zum Ziel, den Fokus auf die positiven Aspekte des Lebens und des Alltags zu lenken. Notiere dabei täglich mindestens drei kleine Dinge oder Moment für die du – trotz deiner Krebserkrankung – an dem jeweiligen Tag dankbar warst. Das können auch ganz kleine Erkenntnisse, Momente oder Begegnungen sein. Zum Beispiel: „Heute bin ich dankbar für den Moment, in dem ich mit meiner Katze auf der Gartenbank in der Sonne saß.“
Diese Techniken können – einmal ausprobiert und erlernt – immer wieder angewendet und erweitert werden. Unabhängig von Zeit und Ort ist Schreiben eine wirksame Methode, die du unkompliziert alleine durchführen kannst, nicht nur in Bezug auf Ängste bei Krebs. Noch mehr vom Schreiben profitieren kannst du durch das Schreiben in der Gruppe, bei der das Thema Ängste bei Krebs im Vordergrund steht.
Schreiben in der Gruppe
Das Schreiben in der Gruppe, insbesondere bei Krebserkrankungen, bietet eine wertvolle Möglichkeit, über Ängste zu schreiben und miteinander darüber ins Gespräch zu kommen. Eine Gruppe bietet die Gelegenheit zu erkennen, dass andere Betroffene ähnliche Erfahrungen machen und unter ähnlichen Ängsten leiden. Diese geteilte Erfahrung kann Trost spenden und schafft eine besondere Verbundenheit.
Das Schreiben in einer Gruppe hat viele Vorteile, die über das individuelle therapeutische Schreiben hinausgehen:
- Geteilte Erfahrungen und neue Einsichten: Jede/r TeilnehmerIn bringt eigene Erlebnisse, Ängste und Bewältigungsstrategien ein, was zu einem reichen Austausch von Perspektiven führt. Indem man die Geschichten und Erfahrungen anderer hört, kann man neue Wege der Bewältigung entdecken oder sich inspiriert fühlen, andere Aspekte der eigenen Erfahrung zu reflektieren. Das Wissen, dass andere ähnliche Herausforderungen durchmachen, kann Ängste mindern und das Gefühl der Isolation reduzieren.
- Emotionale Entlastung: Viele PatientInnen empfinden es als entlastend, ihre Ängste und Sorgen schriftlich auszudrücken. Wenn sie ihre Texte in einer Gruppe vortragen, erfahren sie oft sofort Verständnis und Unterstützung. Diese kollektive Anerkennung der eigenen Gefühle kann einen großen Beitrag zur emotionalen Verarbeitung leisten. Das Vorlesen von Texten und das Feedback der Gruppe können die eigenen Gefühle und Erfahrungen bestätigen und das Selbstvertrauen stärken. Zuhören stärkt die Empathie und hilft, den eigenen Umgang mit der Krankheit in einem größeren Kontext zu sehen.
- Sicherheit und Regelmäßigkeit: Es ist wichtig, zu wissen, dass die Gruppe ein sicherer und vertraulicher Raum ist, in dem die eigenen Gedanken und Gefühle geteilt werden können, ohne beurteilt zu werden. Vertrauen ist die Grundlage für das Schreiben und den Austausch. Das Vorlesen bzw. das Teilen der Inhalte des Schreibens geschieht immer freiwillig: Nur wenn ich etwas mitteilen möchte und mich wohl damit fühle, kann ich mich öffnen. Deswegen wird die Reaktion auf einen Text immer unterstützend und ermutigend formuliert, ohne Kritik oder Bewertung. Eine feste Gruppe kann zudem eine gute Motivation sein, regelmäßig zu schreiben.
- Anleitung und Schreibimpulse: In einem angeleiteten Schreibkurs – wie bei meinem Kurs bei scheibenpur – kannst du dich entspannen und einfach „mitmachen“. Du wirst angeleitet und es werden Impulse gegeben, die dir ein Zugang zu deinem eigenen Schreiben leicht machen. Themen und Schwerpunkte werden je nach Gruppe angepasst und individuell gewählt. So dass eine positive Erfahrung für alle TeilnehmerInnen ermöglicht wird.
In meinen Kursen betone ich immer wieder, dass der Umgang in Bezug auf Ängste bei Krebs ist ein dynamischer Prozess ist, der sich im Laufe der Zeit verändern kann. Es gibt keine „richtige“ Art, mit dieser Angst umzugehen, und jede Person hat ihre eigenen Bedürfnisse und Bewältigungsstrategien. Es ist wichtig, auf dich selbst zu hören und zu akzeptieren, dass Angst ein Teil der Erkrankung sein kann, aber sie muss dein Leben nicht dominieren. Schreiben kann – insbesondere das Schreiben in der Gruppe – deine Selbstwirksamkeit stärken und dir den Umgang mit Ängsten erleichtern. Genau das kannst du auch erreichen! Erfahre auch Du in meinen Kursen die positive Wirkung des therapeutischen Schreibens! Nimm diese Erfahrung als einen Schatz mit, auf den du immer wieder zurückgreifen kannst. Du brauchst nur Papier und einen Stift.
Hier geht es zu meinem Kursangebot für Krebserkrankte!
Im April 2025 findet mein kostenloses Angebot in Kooperation mit der Schleswig-holsteinischen Krebsgesellschaft statt.